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Mai 2013: Journalistische Kostbarkeiten

Kolumnen, die die Welt bewegen

Die "Märkische Allgemeine" ist in ihrer jetzigen Gestalt, die ein Thoralf Cleven von diesem Blatt am 6. Mai 2013 als "aufgeräumt" bezeichnet, nicht nur äußerlich verwechselbarer mit den anderen Produkten des deutschen Zeitungsmarkts geworden. Sie hat zugleich den bislang höchsten Verkaufspreis in ihrer jungen Geschichte erreicht. Wohl als Ausgleich dafür bestechen die Lokalredakteure des "Jüterboger Echo" seit einiger Zeit mit Kommentaren zum Tage, die an geistigem Tiefgang an das Beste anknüpften, was je deutsche Dichter und Denker hervorgebracht haben.

Am 3. Mai schrieb Marion Sch. über ihre Träume. "Man sollte knutschen, wen man immer knutschen wollte, tanzen lernen, Tomaten pflanzen – ganz egal. Hauptsache, es ist ein Herzenswunsch." Den hat sie sich nun erfüllt und einen lange geplanten Flug gebucht. Es wird ein Aufatmen durch die Leserschaft gegangen sein, mit ihr einen weiteren glücklichen Menschen auf diesem Globus zu wissen.

In der Wochenendausgabe vom 4./5. Mai wechselte das Glück in tiefe Trauer. Gertrud B. hatte einen toten Frosch gesehen. Ein gewissenloser Autofahrer hatte das arme Tier einfach plattgefahren. Und das auch noch vor der Tür einer Frau, die von sich mit gutem Gewissen sagen kann, "dabei helfe ich sonst jeder Kröte über die Straße." Wir sehen, das Schicksal kennt keine Gnade.

Das traf auch Nadine P. Sie mußte, wie sie am 7. Mai schrieb, vor der Kasse eines Supermarktes anstehen. Eine Frau, die mit Hilfe moderner Navigationstechnik jedem Stau aus dem Wege geht, ereilt solch ein schwerer Schicksalsschlag. Und das allein, weil ihr "das überlebenswichtige Päckchen Milch oder die Lieblingsschokolage im Kühlschrank" fehlte. Man stelle sich vor, solche wichtige Nachricht hätte der Leser nicht erhalten. Kaum auszudenken.

Starke Nerven brauchte der Leser am 8. Mai. Nicht weil es der Jahrestag vom Ende des 2. Weltkrieges war. Dennoch war von Massenmord die Rede. Man könnte glauben, die Lokaljournalisten kommen nicht weit herum in der Welt. Doch weit gefehlt, Alexander E. kam in die Küche der Redaktion. Zu seinem Entsetzen hat er dort Ameisen entdeckt. Bis auf eine hat er sie totgeschlagen, "es war ein Massaker." Doch er ist nicht nur ein Held, er ist auch gerissen: „Eine ließ ich laufen. Sie sollte ihren Stamm warnen.“

Nun könne man meinen, das um sich greifende Elend dieser Welt sei nicht mehr steigerungsfähig. Weit gefehlt! Ekkehard F. ließ uns am 11./12 Mai wissen, daß er sich erkältet habe. Und das im Urlaub. Doch da dieser „kurz, aber erlebnisreich“ war, kann er sich etwas trösten. Wir erfahren zwar nicht, wo er war und was er dort tat, doch wir Leser wissen zumindest, daß nun seine Nase tropft. Was will man mehr?

Auf Nachfrage begründete einer der Redakteure diesen tiefgründigen Stil mit einer gewollten "Umarmung der Leser". Nach meinem Geschmack sind derartige Umarmungen schon als sexuelle Belästigungen einzustufen.